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30.11.2021
RWV Hannover - Herfried Münkler: Marx, Wagner, Nietzsche
Ein Literaturhinweis unseres stellvertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Wolfgang Krüger auf den 2021 im Rowohlt-Verlag erschienenen Titel von Herfried Münkler
Karl Marx war auf Richard Wagner nicht gut zu sprechen. Als dieser im August 1876 sein erstes oberfränkisches Festspiel eröffnete, war Marx auf dem Weg nach Karlsbad zur Kur. In Nürnberg und Weiden waren alle Herbergen von Reisenden belegt, die sich „zu dem Bayreuther Narrenfest des Staatsmusikanten Wagner begeben wollten“ (Marx). Dieser musste mit seiner Tochter die Nacht auf den „harten Stühlen der Bahnstation“ verbringen. Dem Ex-Revolutionär Wagner wird der Visionär des gesellschaftlichen Umbruchs, Karl Marx, kein Unbekannter gewesen sein; zu ihm geäußert hat er sich nicht. Nietzsches wechselndes Verhältnis zu Wagner ist bekannt. Für Marx war der Aphorismen-Verfasser Nietzsche zu unbestimmt; diesem wiederum war Marx` analytische Rationalität fremd. 

Wie kann man den drei Herren nun synoptisch gerecht werden? Dem renommierten Politikwissenschaftler Münkler gelingt es, das Schaffen und Wirken der drei großen Ideentreiber des 19. Jahrhunderts vergleichend und differenziert zu behandeln. Die Themen sind Gesellschaft, Glauben, Philosophie, Antisemitismus, Musik, Naturwissenschaft und Technik. Biografisches erfährt der Leser nebenbei: Wagner war 1871 von den Siegen der deutschen Truppen euphorisiert und schwelgte in Zerstörungsfantasien von Paris. Zum Deutschen Reich preußischer Prägung war er aber, wie auch Marx, auf Distanz. Nietzsche dagegen war begeistert. Bereits 1870 wollte er unbedingt mit den Waffen rasseln; als kränkelnder Sanitäter wurde er aber bald nach Hause geschickt. (Alle Drei – nebenbei bemerkt – furunkelten, exzemten und migränten zeitlebens vor sich hin).

Grundlegend und vielschichtig kommt Münkler auf 620 Seiten daher, um Verständlichkeit der Sprache bemüht und vielseitige Perspektiven eröffnend. Das Buch ist allen zum Lesen empfohlen, die schon immer mal fundiert die Ideen verstehen wollten, die uns noch heute bewegen.

Sie finden das Buch bei buecher.de.