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News des Präsidiums

07.03.2021
Rezension „An Die Theuertste Nichte“ - von Rainer Fineske
Cosima Wagner im Spiegel ihrer Korrespondenz mit der Hamburger Bürgermeister
Tochter Antonie Petersen. Ein Buch von Claudia Graciela Petersen, ihrer Urgroßnichte. Erschienen im Leipziger Universitätsverlag und er ist der zweite Band den die Autorin in diesem Verlagshaus vorlegt. ISBN 978-3-96023-358-9. € 29,00.

Der hier von Claudia Graciela Petersen vorgelegte Briefwechsel ihrer Urgroßtante Antonie Petersen mit Cosima Wagner gibt uns Lesern einen unschätzbaren Einblick über den Ausdrucksstil ihrer Briefe, die fast schon literarische Eigenschaften tragen. Trotzdem waren sie beide auch den praktischen Seiten des Lebens zugetan und nahmen die Veränderungen in ihrer Welt  bewusst wahr. Der besondere Gewinn dieser Lektüre liegt in der ebenso innigen, familiären, wie inhaltsreichen Briefwechsel, der es uns gestattet, an alledem lebhaft teilzuhaben. Für einige Momente kommen wir beiden Frauen ganz nahe und wir können unser bisheriges Bild über jene Zeit beträchtlich erweitern. Wir lernen Cosima Wagner nicht nur als „Hohe Frau von Bayreuth“ kennen, die als unnahbar gilt, sondern als sorgende Mutter und Ehefrau, die mit den alltäglichen Problemen der Erziehung ihrer Kinder und den diffizilen  Aufgaben und Problemen des Ehemannes und seines/ihres Projektes, dem Festspielhaus Bayreuth, beladen ist. Cosima teilt sich in ihren Briefen über die täglichen Sorgen des Haushaltes und um die Finanzierung des Festspielhauses mit, die einen offenen, und teilweise herzlichen Charakterzug Cosimas offenbaren, der auch Antonie Petersen sehr für sich zu gewinnen vermag. Sie nennt „Antonie bereits nach einigen Briefen, „meine theuerste Nichte“, weil man sich sehr nahe, eben fast wie eine Nichte und Tante sei.

Besonders deutlich schreibt Cosima, wie problematisch es mit vier Kindern ist. Dass man sich einige Wochen von der Sorge um die Erziehung und den alltäglichen Problemen und dem aufwendigen Haushalt frei machen kann, weil die Kinder für einige Wochen zu Verwandten nach England geschickt werden können. Dadurch gewönne man Zeit für notwendige Reisen und Briefwechsel mit den Finanziers, wie sie schreibt.

Neben Marie von Schleinitz als prominenteste kulturpolitische Persönlichkeit, (ihr Ehemann ist der Hausminister des Kaisers), zählt Antonie Petersen als Tochter des Hamburger Bürgermeisters zu den engsten Verbündeten von Cosima um die Finanzierung und den Aufbau der Bayreuther Festspiele, aber auch um die musikalische Förderung des Werkes von Richard Wagner, dem sich alle drei mit ihren persönlichen immerwährenden Einsätzen kompromisslos verschrieben haben.    

Ihr erstes Buch mit dem Titel: Die Tochter des Dogen, „Das Leben und Wirken der Bürgermeistertochter Antonie Petersen“, das ich Ihnen schon vorstellte, handelt von ihrem Einsatz für die Kunst und die Musik u.a. mit ihrer intensiven Verbindung zu Hans von Bülow und seiner zweiten Frau Maria Schanzer und Johannes Brahms. Beide Bände ergänzen sich in vorzüglicher Weise, weil sie spezielle Teile der damaligen Musikwelt auch um Cosima und Richard Wagner und der Bayreuther Entstehungszeit, in sehr persönlichen Schilderungen beider Frauen zu uns in die Gegenwart herüber leuchten lassen.

Rainer Fineske
Präsident