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News des Präsidiums

26.04.2021
Nachruf Christa Ludwig
Christa Ludwig, die schon zu Lebzeiten legendäre Mezzosopranistin starb am gestrigen Sonntag im Alter von 93 Jahren
Nicht nur ihr Alter und ihr Mezzosopran sondern auch ihr Gesang und ihre Ausflüge in den dramatischen Bereich des Soprans sind legendär.

Ihr Repertoire umfasste eigentlich alle Register des hochdramatischen Gesangs, den sie ganz bewusst und sensibel für sich und ihr Können einsetzte.

Vor allem gehört Christa Ludwig zu den großen Persönlichkeiten die bis in unsere Gegenwart ausstrahlen, die einen weltumspannenden Eindruck auch für zukünftige Generationen hinterlassen, für die sie Orientierung und Maßstab bleiben werden.

In ihrer Autobiografie mit dem Titel „und ich wäre so gern Primadonna gewesen“, verrät sie viel aus ihrem Leben auf und hinter der Bühne, aber auch von privaten Ereignissen, die es ihr nicht immer leicht gemacht haben, auch ein normales Privatleben zu führen. Ich glaube, sie war und ist doch im positivsten Sinne „Primadonna gewesen“!

Sie sang in Bayreuth 1966 die Partie der Brangäne mit Birigt Nilsson als Isolde, Wolfgang Windgassen als Tristan, Martti Talvela als König Marke und dem ganz jungen Peter Schreier als Seemann in der Inszenierung von Wieland Wagner und unter dem Dirigat von Karl Böhm, mit dem sie auch sehr viel in Salzburg arbeitete. 1967 sang sie in Bayreuth die Partie der Kundry mit James King als Parsifal ebenfalls in der Inszenierung von Wieland Wagner.

Christa Ludwig hinterlässt eines der umfangreichsten Repertoires an Einspielungen, das weltweit einmalig ist, besonders im Hinblick auf ihre 49jährige Karriere. Faszinierend ist vor allem, dass sie mit allen großen Stars der Welt diese Aufnahmen über fast alle Tonträger von Live bis Studio eingespielt hat. So gelangen ihr auch Rollen in höchster Vollendung, die sie live auf der Bühne nicht verwirklichen konnte.

Ihre Meisterkurse waren höchst beliebt, stets begehrt und mit langer Anmeldeliste und mit ihren charmanten Anmerkungen im Unterricht immer schnell ausgebucht. Man merkte immer, dass sie ihr Wissen und Können mit Liebe und Herzenswärme weitergab.

Sie war aber auch eine der wenigen berühmten großen Sängerinnen, die sich in einem Gespräch mit mir direkt über Regiekonzepte die ihr nicht gefielen, klar und deutlich positionierte. Auf meine Frage, wie gehen sie mit einem Regiekonzept um, das ihnen nicht zusagt, Antwort, ich sage dem Regisseur klipp und klar, was ich von seinem Konzept halte und ich weiß genau, dieser Regisseur und ich werden nie wieder zusammen arbeiten, ich bin mir aber auch bewusst, dass ich mir das nur leisten kann, weil ich einen „großen Namen“ trage!

Christa Ludwig wählte für sich drei große Abschiedstourneen aus, die sie genau auf sich und ihr Repertoire zugeschnitten hatte. Mit der ersten Tournee nahm sie Abschied von der Oper mit Klytämnestra, der Witwe des Agamemnon in Elektra von Richard Strauss, ein fulminantes Erleben pulsierenden dramatischen Gesanges und vollendeter Ausdruckskraft dieser Partie.

Ihre zweite Abschiedstournee gestaltete sie mit „Winterreise“ von Franz Schubert, am Klavier kongenial begleitet von Tzimon Barto. Hier kannte ihre Modelierungskunst buchstäblich keine Grenzen ohne in Manierismus abzugleiten, Totenstille das Publikum, brausender Applaus.

Ihre dritte Abschiedstournee gab sie mit einem Oper-und Liederrepertoire von besonderer Art. Er umfasste gängige Arien verschiedener Epochen bis hin zu modernen Stücken von Chris Barber und Leonard Bernstein. Von ihm sang sie am Schluss des Abends bei aufbrausendem stürmischen Applaus:

„I hate music but I like to sing“.


Rainer Fineske
Präsident